Der Körper, das beliebteste Trendobjekt

Klara Hofmann

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Öffnet man TikTok und wirft einen Blick auf die momentanen Trends, dann kommt es einem manchmal vor, als würde man eine Zeitreise machen. Marylin Monroe Doppelgängerinnen testen Make-Up der 20-Jahre, Historiker*innen sprechen über das zu Unrecht schlechte Bild von Korsetts und junge Teenagermädchen schwärmen über die Anfänge der 2010er. So schnell kann man gar nicht schauen, vergehen Trends auf Social Media.  Deren Zyklus nimmt immer mehr an Geschwindigkeit zu, sodass vermeintliche It-Pieces der Saison schon uncool sind, bevor sie überhaupt im Großhandel erhältlich waren. Die neueste Generation an User glorifiziert jetzt schon die Jugend von jenen, die sich selbst noch als jung einschätzen.  Unter anderem geht ein neuer Trend um, bei dem man die typische Ästhetik, die man imJahr 2014 auf der Plattform Tumblr finden konnte, rekreiert und in Erinnerungen an American Appereal Tennisröcke oder an die Band Arctic Monkeys schwelgt.
Mit diesem Trend kommen nicht nur verschwommene Bilder von Messy-Buns und Choker Ketten zurück, sondern auch die negativ prägenden Einflüsse, die damals weit verbreitet wurden. Auf dem Höhepunkt der Beliebtheit dieser Plattform, erlebte auch die Romantisierung von Essstörungen im Internet ein Hoch. Unzählige Blogs ließen sich im Jahr 2014 finden, die mit Bildern, Texten und Gifs extrem dünne und ungesunde Körpermaße als Traum darstellten. Mädchen brüsteten sich mit der Anzahl an Tagen, die sie ohne Essen auskamen, oder teilten ihre Tipps, wie man am besten Mahlzeiten ablehnen konnte, ohne Aufmerksamkeit oder Sorge zu erregen. Manche baten um negative Kommentare, die ihnen ein schlechtes Gewissen machen sollten, oder auch um aufmunternde, damit sie ihren Hungerkampf weiter durchstehen könnten. In Österreich mussten 2014 um die 1300 Personen in Krankenhäusern aufgrund einer Essstörung behandelt werden. In den letzten Jahren nahm diese Zahl nicht ab,sondern stieg dramatisch.
Quelle:
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Egal wie sehr man versucht sich zu entziehen, Nachrichten und Meinungen des Internets prägen einen.Ständig wird gezeigt, wie ein Körper ausschauen kann, ob natürlich oder nachgeholfen sei dahingestellt. Dünn sein war nie aus der Mode, macht somit auch kein Comeback, sondern eher gesagt nur wieder einen Schritt weiter in den Vordergrund. In den 1990er-Jahren nannten sie es Heroine-Chic, eine Verherrlichung des Drogenkonsums und ein Schrei gegen den Mainstream. Heute nennen sie es Y2k, eine Wiederbelebung von Lowrise Jeans und ein Sehnen nach der Jahrtausendwende. Mittransportiert wird nach wie vor – egal ob bewusst oder unbewusst – die Devise: Wer ein paar Kilos zu viel hat, ist raus. Man meinte in den 2010er den Wahn überwunden zu haben, indem die Bodypositivity-Bewegung laut wurde, Models plötzlich Kurven hatten und Kleidergrößen nach L ebenso in Geschäften erhältlich wurden. Doch was ändert sich am Problem, nur weil das Vorzeigemodell nun ein anderes ist?
Es ist beruhigend, auf Instagram und Co. echte Bikinibodys zu sehen, also jene mit Dehnungsstreifen, Rollen und Haaren. Es ist bekräftigend zu erfahren, dass eine Hosengröße größer keinen schlechteren Menschen aus einem macht. Es ist aber gleichzeitig erschreckend auffallend, wie weit manche dennoch gehen, um ihrem Ideal nachzujagen. Das Zauberwort heißt jetzt Brazilian-Butt-Lift oder Ozempic. Für eine unnatürliche Taille-Hintern-Ratio gehen manche große gesundheitliche, aber auch finanzielle Risiken ein. Schließlich ist es jetzt nicht mehr modisch, dünn wie ein Stock zu sein, sondern kurvig á la Kim Kardashian. Erneut wird diktiert, wie man zu sein hat und viele schreiben mit. Auf TikTok präsentieren That Girls ihre Routinen, die in der Regel aus Morgensport, grünen Smoothies und unzählbaren Vitaminpräparate besteht. Was unterscheidet Tumblr-Posts aus 2014, die zeigten, wie stark die Schlüsselbeine herausragen, von Videos, in denen ein flacher Bauch stolz präsentiert wird? Wer damals bereits bei Tumblr auf gewissen Seiten unterwegs war und jetzt wieder in gewisse Nischen auf TikTok gelandet ist, findet häufig die gleichen Bilder, die gleichen Sprüche und die gleiche Einstellung. Als Kate Moss meinte, dass nichts besser schmecke als dünn zu sein, hörte ihr mehr als eine ganze Generation zu und verinnerlichte diese Worte.
Kapitalismus liebt Unsicherheit, denn für jeden Schmerz und für jede Problemzone besitzt dieser ein scheinbares Heilmittel. Schon immer wurde eines der menschlichsten Gefühle, nämlich nicht gut genug zu sein, radikal ausgenutzt, um möglichst großen Gewinn daraus zu erzielen. Entweder verkauft man Teesorten, die den Hunger unterdrücken, oder Fetteinspritzungen, die in die richtigen Stellen gehen. Dem kapitalistischen System ist es egal, was es anpreist, Hauptsache es kommt mit seiner Strategie an und erzielt Gewinn. Ein System, das aufgeht, denn wer möchte sich nicht in einem schönen Körper wohlfühlen?
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